Mit tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Werner Granzeier, einem herausragenden Wissenschaftler, leidenschaftlichen Ingenieur und geschätzten Mentor, der das Gesicht der Hamburger Luftfahrtbranche maßgeblich geprägt hat.
Prof. Granzeier trat 1989 seine Professur an der HAW Hamburg im Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau an. Sein Lehrgebiet, Fahrzeug- und Flugzeug Exterior und -interior, wurde unter seiner Führung zu einem Aushängeschild der Hochschule. Seine Kollegin Prof. Jutta Abulawi erinnert sich warmherzig: „Er war ein fantastischer Kollege und ein begnadeter Designer, der mit großem Engagement lehrte und sich in unserer Hochschule mit extrem viel positiver Energie eingebracht hat. Er hat meines Wissens nach 10 USA-Exkursionen für Studierende organisiert und durchgeführt, unser heutiges Expo-Team gegründet und war bestens in der weltweiten Luftfahrt- und Automobilindustrie vernetzt. Studierende hat er mit seinen künstlerischen Fähigkeiten nicht nur beeindruckt, sondern inspiriert und ihnen viel Mut gemacht, kreativ und gestalterisch tätig zu werden und durch Übung mehr Sicherheit im Freihandzeichnen zu gewinnen.“
Prof. Granzeiers einzigartige Gabe, Menschen zusammenzubringen, wurde allseits geschätzt. „Buchstäblich blieb ihm keine Tür verschlossen – ob in der Industrie, in Forschungseinrichtungen oder bei internationalen Partnern“, erinnert sich Prof. Gordon Konieczny, ebenfalls ehemaliger Kollege im Department Flugzeugtechnik und Flugzeugbau an der HAW Hamburg. „Wer Professor Granzeier kannte, wusste, dass er eine ganz besondere Type mit einem großen Herz war – unverwechselbar in seiner Art, mit einem offenen, direkten Wesen und einem scharfen Verstand. Er war nicht nur fachlich, sondern auch als Persönlichkeit äußerst bekannt und wurde sehr geschätzt. Er wird uns sehr fehlen.“
Über die Grenzen der Hochschule hinaus war Prof. Granzeier seit den frühen 2000er Jahren eine prägende Kraft in der Hamburger Luftfahrtbranche. Seine Vision und sein Engagement spielten eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Hamburg Aviation. Sein langjähriger Wegbegleiter Walter Birkhan erinnert sich: „Ich kannte Prof. Granzeier seit meinem (Wieder-)Eintritt in die HWF 2002 und dem Beginn des Aufbaus des Luftfahrtclusters Metropolregion Hamburg. Er hat sich von Anfang an für unsere Arbeit interessiert, hat uns immer unterstützt und uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Seither habe ich ihn als eine der profiliertesten Persönlichkeiten aus dem Hochschulbereich im Fachgebiet Kabinentechnologie in Hamburg erlebt, der sich immer wieder vehement für die Stärkung der Ingenieurausbildung auf diesem Gebiet sowie der industriellen Potenz und Kompetenz in Hamburg eingesetzt hat. Er hat nicht nur viele neue Kabinen-Ingenieur*innen ausgebildet und zum Start einer beruflichen Laufbahn in der Hamburger Luftfahrtindustrie verholfen, sondern auch mit seinem Ingenieurbüro IDS viele wegweisende Konzepte und Lösungen für die Flugzeugkabine der Zukunft erarbeitet. Er hat damit die HAW zu einem weltweit führenden Zentrum der Hochschulausbildung in diesem Fach gemacht.“
Ein besonderes Vermächtnis hinterlässt Prof. Granzeier mit dem Crystal Cabin Award, dessen Gründung und Erfolg eng mit seinem Namen verknüpft sind. Als Initiator, langjähriger Juror und Vorstandsmitglied bis 2022 prägte er den Preis maßgeblich und machte ihn zu dem, was er heute ist – eine weltweit anerkannte Auszeichnung für Innovation in der Flugzeugkabine.
Die Auszeichnung mit der Airbus A380 Medaille durch den Hamburger Senat im Jahr 2008 war eine wohlverdiente Anerkennung für seine außergewöhnlichen Verdienste um den Luftfahrtstandort Hamburg und seine Rolle als Brückenbauer zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.
Prof. Granzeiers Herz schlug besonders für den Nachwuchs in der Luftfahrtbranche. Mit Begeisterung und Hingabe unterstützte er Hochschul-Projekte auf der ILA in Berlin und begeisterte in der Vorlesungsreihe „Faszination Fliegen – Technik für Kinder" 8- bis 12-jährige für die Wunder der Luftfahrt. Sein Engagement erstreckte sich auch auf Programme wie proTechnicale, wo er junge Frauen für MINT-Berufe begeisterte.
Im internationalen Kontext war Prof. Granzeier ein geschätzter Botschafter der Hamburger Luftfahrtindustrie. In Zusammenarbeit mit dem Luftfahrtzuliefererverband Hanse-Aerospace baute er Brücken zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, insbesondere in den transatlantischen Beziehungen. Seine Kontakte zu Boeing und anderen internationalen Partnern eröffneten besonders kleinen und mittleren Unternehmen neue Perspektiven.
Prof. Granzeiers kreative Vision zeigte sich eindrucksvoll in seinen Designkonzepten. Seine Nurflügler-Konzepte erregten im Rahmen des Spitzenclusterwettbewerbes der Bundesregierung (2008) großes Aufsehen, ebenso wie die Design-Studie "Hamburger Interiors" für eine Astronautenkapsel.
Sein Engagement erstreckte sich auch auf zahlreiche Gremien und Institutionen der Luftfahrtindustrie, darunter die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, das AIAA American Institute of Aeronautics and Astronautics sowie das Forum Luft- und Raumfahrt e.V.
Mit dem Tod von Prof. Werner Granzeier verliert Hamburg eine herausragende Persönlichkeit, deren Leidenschaft und Visionen die Luftfahrtbranche der Stadt nachhaltig geprägt haben. Er hinterlässt eine Lücke, die nur schwer zu schließen sein wird. In dieser schweren Zeit sind unsere Gedanken und unser tief empfundenes Mitgefühl bei seiner Familie. Prof. Werner Granzeier wird für immer in Erinnerung bleiben – als brillanter Wissenschaftler, inspirierender Visionär und treuer Freund.