Managerin des Drohnennetzwerks Windrove
HAMBURG AVIATION SERIE " STANDORTPILOTEN" - FOLGE 19
Ob sie sich vor fünf Jahren hätte vorstellen können, einmal am Thema Drohnen zu arbeiten? „Auf keinen Fall“, gesteht die 32-Jährige, die ihren Werdegang mit einem Ingenieursstudium der Medizintechnik in Lübeck begann. Mathematik und Medizin hätten sie nach dem Abitur gleichermaßen interessiert, erklärt sie ihre damalige Wahl. Schnell stellte sich für sie jedoch heraus, dass der Schwerpunkt Qualitäts- und Sicherheitstechnik ihr besonders viel Spaß bereitet. Als Praktikantin bei Lufthansa Technik im zentralen „Quality Monitoring & Reporting“ verfestigte sich dieser Schwenk. „Fand ich Ausreißer in den Kennzahlen für den Vorstandsbericht, ging die Detektivarbeit nach der Ursache im weltweiten Konzern los. Das war schon spannend und gewährte einen breiten Einblick!“, erzählt Große-Möller.
"Umwege erhöhen die Ortskenntnis"
„Freundliche Neugierde ist definitiv eine Stärke von mir“, schmunzelt sie. Darum habe sie sich zunächst auch nicht weiter auf die Luftfahrt festlegen wollen und schrieb ihre Diplomarbeit bei Mercedes-Benz Research & Development in Indien. Ihr Fachgebiet ließ die begeisterte Zahlen- und Prozessjongleurin auch dort nicht mehr los und so startete sie nach ihrer Rückkehr ihren Berufsweg in Frankfurt bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität als Beraterin.
„Die Rückkehr in den Norden fiel mir nicht schwer“, erzählt die gebürtige Thüringerin. Die ZAL GmbH wird 2014 ihr Arbeitgeber. „Wir waren damals noch ein kleines Team von fünfzehn Personen“, erinnert sie die Pionierjahre mit Büroräumen im Hamburger Flughafenterminal, „in der jeder ein bisschen alles gemacht hat“. „Das TechCenter auf Finkenwerder befand sich noch im Bau und ich bekam die Chance, diverse Prozesse und Abteilungen wie zum Beispiel das Property Management mit aufzubauen“. Das Werden eines der modernsten Forschungszentren der Luftfahrt aktiv zu begleiten und dabei das Wachstum der dazugehörigen GmbH auf ca. 50 Mitarbeiter mitzugestalten hat Christina Große-Möller besonders Freude bereitet.
Stehen ausschlagende Kennzahlen heute nicht mehr im Fokus der Projektmanagerin, so beschäftigt sich Christina Große-Möller ohne Zweifel mit einem ausschlagenden Thema. 2016 entstand im Luftfahrtcluster Hamburg Aviation gemeinsam mit der Wirtschaftsbehörde und dem ZAL die Idee, die Netzwerkarbeit mit der Produktwelt „Unmanned Aerial Vehicles“, kurz UAV, zu erweitern und aus dem ZAL heraus voranzutreiben. Gefördert vom "Innovationsforum Mittelstand" des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), folgten Workshops mit den Partnern des neu entstandenen Netzwerks „Windrove“. Das Akronym steht für die wirtschaftliche Nutzung von Drohnen in Metropolregionen, bzw. eines drohnenbasierten Luftverkehrssystems. „Löse ich diese zugegeben recht kniffelige Abkürzung auf, sieht man ein großes Aha förmlich in den Gesichtern der Zuhörer“, lacht Große-Möller. Sie hat das Netzwerk von der Pike auf aufgebaut und damit maßgeblich zum bisher größten Meilenstein beigetragen: Seit Juni 2018 ist Hamburg offiziell EU-Modellregion für Urban Air Mobility in Metropolen – als eine der ersten Städte überhaupt. Warum Hamburg sich als Modellstadt eignet? Da wären vor allem ein engagiertes und diverses Drohnen-Ökosystem, spannende und zukunftsträchtige Anwendungsszenarien sowie die offenen Türen und kurzen Wege in der Bewilligung und Umsetzung – auch dank der Cluster und Behörden, unterstreicht sie.
Von der Zahlen- zur Netzwerk- und Projektkoordinatorin? So anders als ihre Tätigkeit im Qualitätsmanagement sei die Projektarbeit am Ende gar nicht, betont die Alsterdorferin. Bereits in Frankfurt sei die beratende Arbeit für unterschiedliche Akteure besonders wichtig gewesen. Und schon an der Hochschule war sie Präsidentin des Studierendenparlaments, wo sie sich für die Belange ihrer Kommilitonen einsetzte. „Lösungssuchende und -inhaber kennenlernen und verstehen, sie miteinander auf Augenhöhe verbinden und ihnen damit eine Austauschplattform zu bieten – daran habe ich ein ehrliches Interesse und Freude.“
Der offene Austausch mit den Windrove-Mitgliedern, von unterschiedlichsten Unternehmen und Hochschulen bis hin zu den Behörden, lägen ihr somit gut. Auch, weil von Anfang an alle an einem gemeinsamen Ziel gearbeitet hätten: Die Nutzungsszenarien sollten akzeptiert, sicher und langfristig in einer Großstadt funktionieren. „Uns geht es definitiv nicht um Lösungen für eine besonders schnelle Amazon- oder Pizzalieferung“, betont Große-Möller. Stattdessen könne man beispielsweise vielleicht bald Brücken im Hamburger Hafen per Drohne automatisiert und zentral gesteuert inspizieren, beschreibt Große-Möller ein mögliches Szenario mit Hamburg-Kolorit. Sicherlich müsse man manche Ideen auch wieder verwerfen oder ganz neu denken. „Aber Umwege verbessern am Ende die Ortskenntnis“, schmunzelt Große-Möller.
Andere konkrete Projektideen und Konsortien, die sich über das Hamburger Drohnen-Netzwerk Windrove finden konnten, nehmen zum Beispiel den Transport von Gewebeproben zwischen Krankenhäusern in den Fokus. Den Augenmerk auf Anwendungsfälle zu legen, die neben einem möglichen wirtschaftlichem Nutzen vor allem einem öffentlichen Interesse nachkommen, stünde in der UAM-Modellstadt Hamburg an erster Stelle, ergänzt die Windrove-Projektleitung. „Bevor wir mit Lufttaxis in Hamburg eine neue Mobilitätsform in die Stadt integrieren, wollen wir in der Metropolregion die Technologie „im Kleinen“ für einen positiven Nutzen sicher und akzeptiert einsetzen.“.