Dr. Helge Sachs

Head of Corporate Innovation Management and Product Development, Lufthansa Technik AG

Dr. Helge Sachs: "Den Kuchen bringen wir immer selber mit!"

Hamburg Aviation Serie "Standortpiloten" - Folge 3

Zum Interview-Termin mit Helge Sachs fegt eine stürmische Brise über das Gelände der Lufthansa Technik Basis am Hamburger Flughafen. Das passt irgendwie, denn auch Sachs, seit Anfang 2014 "Head of Corporate Innovation Management and Product Development" beim MRO-Konzern (Maintenance, Repair & Overhaul - also Wartung, Reparatur und Überholung), sorgt in seiner neuen Funktion für viel frischen Wind und Wirbel.

Seine Aufgabe ist es, im neu geschaffenen Bereich Innovationsmanagement und Produktentwicklung alle wesentlichen Ideen- und Innovationsprozesse bei Lufthansa Technik an zentraler Stelle zu bündeln. Dass dies mehr als nur eine Umstrukturierung ist, zeigen die Zahlen: stolze 200 Millionen Euro investiert der LHT-Konzern bis 2018 in seinen neu geschaffenen Innovationsbereichen. Darüber hinaus möchte man sich auch am Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) der Bundesregierung noch intensiver als in der Vergangenheit beteiligen. Auch hier steht bis 2019 eine Fördersumme von 300 Millionen Euro im Raum. "Unsere Denkweise lautet: Wenn man etwas anfasst, muss es auch ein Erfolg werden!" betont Sachs.

"Wenn man etwas anfasst, muss es auch ein Erfolg werden"

Beim ihm selbst hat dies bislang gut geklappt: Der gebürtige Essener studierte Luftfahrttechnik an der RWTH Aachen, seine Diplomarbeit schrieb er bei Airbus in Toulouse. Von 2004 bis 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Hamburg-Harburg im Bereich Flugzeug-Systemtechnik, wo er auch promovierte.

Standortpiloten

  • Folge 003
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Dr. Helge Sachs
Head of Corporate Innovation Management and Product Development
Lufthansa Technik AG

Seitdem ist er bei Lufthansa Technik und hat den Auf- und Ausbau des Bereichs Innovationsmanagement von Anfang an mit begleitet, anfangs noch zusammen mit dem heutigen Hamburg-Aviation-Geschäftsführer Franz Josef Kirschfink, der den Staffelstab Ende 2013 an den 37-Jährigen übergab.

Abseits der Lufthansa Basis macht Helge Sachs ebenfalls von sich reden. Er ist leidenschaftlicher Jazz-Saxofonist und spielt in zwei Bands gleichzeitig. Die "Bourbon Street Stompers" gründete er bereits mit 15 Jahren zu Schulzeiten, die Band "Shreveport Rhythm" 2008 dann in Hamburg. Mit seinen Bands spielte Sachs bereits international in New York, New Orleans und auch zuletzt beim Megève Jazz Contest in Frankreich, wo sie dreimal in Folge den Publikumspreis als beliebteste Formation gewannen. Zusammen kommen sie auf über 50 (!) Auftritte im Jahr. "Durch meinen neuen Job musste ich aber Abstriche machen", lacht er, "vorher habe ich noch in vier Bands gespielt!"

Zentrale Abteilung für das Innovationsmanagement

Auch beruflich musste Sachs anfangs einiges orchestrieren: "Innovationsmanagement war bei Lufthansa Technik dezentral organisiert, damit war ein Gesamtüberblick sehr schwierig. Die Herausforderung war aber nicht nur eine organisatorische, wir mussten auch erst den nötigen Geist entwickeln, die Kollegen von einer Zentralisierung zu überzeugen." Ein wesentlicher Erfolgsfaktor hierfür seien letztlich die Spitzenclusterprojekte von Hamburg Aviation gewesen, so Sachs, wo sich die zentrale Bündelung erstmals ausgezahlt hätte. Lufthansa Technik habe in den letzten fünf Jahren 40 F&E-Projekte mit einem Volumen von 50 Millionen Euro umgesetzt. Das zentrale Team, das insgesamt über 1000 Seiten mit Konzepteinreichungen von 150 Mitarbeitern bewertete, bestand als Kern aus Sachs und Franz Josef Kirschfink.

Auch dies ändert sich nun massiv: die zentrale Abteilung besteht inzwischen aus 20 Mitarbeitern. Inklusive der dezentralen Teams werden sich über 150 Personen bei Lufthansa Technik auf Innovationen fokussieren, vor allem mit Ingenieurs- und BWL-Hintergrund, sagt Sachs.

Konzernweit sind sie die erste Anlaufstelle für neue Produkt- und Dienstleistungsideen, um diese von Anfang an gezielt in die richtigen Bahnen zu lenken. "Wir möchten jede aussichtsreiche Idee soweit bringen, dass der Mitarbeiter den Vorstand in 120 Sekunden davon überzeugen kann", so das Ziel.

Derzeit entfallen über 90 Prozent des Konzernumsatzes auf die klassischen technischen Dienstleistungen für Airlines, die "Services". Am stark wachsenden Weltmarkt möchte sich Lufthansa Technik langfristig einen Anteil von mindestens 10 Prozent sichern. Helge Sachs glaubt, dass die alleinige Ausweitung und Umstrukturierung des Vertriebs dafür nicht reicht. Das sei die Pflicht, aber man brauche auch die Kür. Flankierend zum Einstieg in die Flugzeugmuster neuester Generation sieht er den Schlüssel zum Erfolg in Innovationen und neuen Produkten. Ohnehin würden z.B. neue Flugzeugmuster aus Kohlefaserverbundwerkstoffen wie die Boeing 787 und die A350 völlig neue Verfahren für Wartung und Reparatur erforderlich machen.

Effizienzsteigerung im gesamten Lebenszyklus der Flugzeuge

Doch Sachs sieht noch einen weiteren wesentlichen Punkt: "Der Lebenszyklus eines Flugzeugs geht über mehrere Jahrzehnte. Damit fängt ein lukrativer Markt für Innovationen doch erst an, wenn das Flugzeug das Herstellerwerk verlassen hat!" Er rechnet vor: "Als Airline habe ich über den gesamten Lebenszyklus meines Flugzeugs Betriebskosten wie Wartung, Personal, Gebühren, Abschreibung und insbesondere Treibstoff. Wenn ich durch Innovationen in der Instandhaltung, durch treibstoffsparende Technologien und wirtschaftlich optimierten Flottenbetrieb kontinuierlich die Effizienz steigern kann, spare ich über den gesamten Lebenszyklus Geld, bei jedem Flug!"

Und wer kenne ein Flugzeug schließlich besser als ein Unternehmen, das gleichzeitig Wartungsbetrieb und Airline ist? Mit dieser rhetorischen Frage schaut Helge Sachs auf seine Uhr. Er muss noch ein Treffen vorbereiten mit einer großen Airline. Welche es ist, verrät er nicht. "Wir haben uns bei der Airline zu Kaffee und Kuchen eingeladen - aber den Kuchen bringen wir aber selber mit", sagt er augenzwinkernd. "Der Kuchen, das sind unsere innovativen Ideen!"

Dass der Kuchen auch gelingt und schmeckt, daran zweifelt Sachs nicht. Auch sein persönliches Credo ist schließlich: "Was man anfasst, muss auch ein Erfolg werden!"

von Lukas Kirchner