Ein Statusbericht aus der norddeutschen Luftfahrtcommunity, dieses Mal mit Kostas Thomas, Managing Partner im Familienunternehmen ALTHOM

  • Hamburg Aviation: Wie geht es Ihnen, Herr Thomas?

    Kostas Thomas: "Mir geht es sehr gut und auch die ganze Familie ist gesund und munter, vielen Dank. Ich freue mich dennoch auf den Moment, an dem alle wieder unbeschwert ihr Leben genießen können."

  • Hamburg Aviation: Beschreiben Sie, wo sich Ihr Unternehmen am Ende des Jahres 2019 befand. Was waren Ihre Ziele/Aussichten für 2020?

    "ALTHOM konnte in der zweiten Jahreshälfte in 2019 standortübergreifend  (Deutschland, Griechenland und Polen) den Umsatz steigern. Wir haben zum einen neue Kunden im Bereich Luftfahrt gewonnen, zum anderen konnten wir das bestehende Geschäft mit zufriedenen Kunden aus den Bereichen Luftfahrt und erneuerbare Energien ausweiten. Diesen Schwung konnten wir in den Monaten Januar und Februar 2020 mitnehmen. Dementsprechend waren unsere Aussichten für 2020 sehr vielversprechend. Unsere Ziele waren, und sind es noch immer, die Zusammenarbeit mit bestehenden Kunden zu intensivieren und unser Team über die gesamte ALTOHM Gruppe mit hochqualifizierten erfahrenen Mitarbeitern zu verstärken, die vielseitig einsetzbar sind.
    Ein kontinuierliches Ziel ist es die Diversifikation voranzubringen, denn das ist der Schlüssel für Stabilität. In 2020 feiert ALTHOM darüber hinaus das 10 jährige Firmen-Jubiläum. Auch hier stand die Ampel auf Grün."

  • Welche Ihrer Ziele und Aussichten für 2020 halten Sie noch für erreichbar?

    "Der Umsatz aus dem Bereich Luftfahrt ist merklich zurückgegangen. OEMs haben teilweise die Auslieferung einiger Head of Versions nach hinten verschoben. Gleichzeitig leiden auch große Systemlieferanten unter der Krise. Da ALTHOM TechData (Technische Dokumentation) und Engineering Dienstleistungen sowohl für OEM als auch für Systemlieferanten anbietet, sind auch wir nicht von dem Umsatzrückgang befreit. Nichtsdestotrotz sind wir auch in der „Corona“-Zeit auf dem richtigen Weg und kommen vergleichsweise gut davon. Durch eine strategische Neuausrichtung Ende 2019,bei der wir entschieden haben, unsere Dienstleistungen zu 99% innerhalb der ALTHOM Gruppe in Europa zu erbringen und das Outsourcing nach Indien sukzessive auf 0% zu reduzieren, konnten wir gerade auch in der schwierigen Zeit an allen ALTHOM Standorten qualifiziertes Personal aufbauen. Wir setzen auf ein europäisches In-house Konzept, da mittlerweile die Vorteile in der Stabilität, Kommunikation, Effizienz und Produktivität dem vermeintlichen Kostenvorteil aus Indien überwiegen. Das war vor drei bis fünf Jahren teilweise noch anders.

    Unsere Entscheidung, die Leistungen komplett in Europa zu erbringen, sind auch im Hinblick auf die immer wichtiger werdende Export Control Thematik, bei der viele Themen unserer Kunden nicht mehr außerhalb Europas behandelt werden dürfen, vorteilhaft. Dadurch erwarten wir ebenfalls einen Anstieg der Nachfrage.

    Die Entwicklung in anderen Bereichen wie erneuerbare Energien ist weiterhin erfreulich. Deshalb blicken wir auch heute optimistisch in die kommenden Monate."

  • Was meinen Sie: Wo stehen Sie in vier Wochen?“

    "Politisch werden ständig neue Entscheidungen und Maßnahmen getroffen, welche zu Beginn noch ausgeschlossen waren. Demzufolge kann man nur schwer die Auswirkungen für uns und unsere Kunden vorhersagen. ALTHOM hat jedenfalls alle möglichen Maßnahmen getroffen, um die Gesundheit der Mitarbeiter in Deutschland, Griechenland und Polen zu schützen. Alle Mitarbeiter können Home Office nutzen und selbst die Einarbeitung und das Training der neuen Mitarbeiter erfolgt über Videokonferenzen. Stand heute sieht die Situation stabil aus und wir besprechen angesichts der startenden Lockerungen langsam die Exit Strategie aus dem Home Office bzw. neue Modelle für die Zukunft."
  • Was macht Ihnen Sorgen?

    "Die Luftfahrt ist mitunter die Branche, die am meisten von der Corona-Krise betroffen ist. Die Gefahr ist groß, dass bereits jetzt wirtschaftlich ein Level erreicht wurde, in dem nachhaltig negative Auswirkungen nicht mehr zu verhindern sind. Viele Unternehmen haben Liquiditätsprobleme. Die teilweise sogar eingebrochenen Umsätze aus den letzten Wochen und Monaten werden sich real durch die verzögerten Zahlungsfristen erst jetzt oder in Kürze bemerkbar machen. Dies kann in den nächsten Wochen und Monaten zu vielen Insolvenzen führen.

    Persönlich/politisch bin ich der Meinung, dass wir auch in solchen Zeiten die kontroverse demokratische Debatte weiterhin aufrechterhalten müssen. Das ist mir in letzter Zeit zu kurz gekommen."

  • Was macht Ihnen Mut?

    "Ich bin begeistert, wie alle Mitarbeiter in dieser Situation mitziehen. Wir sind als Team standortübergreifend noch enger zusammengerückt. Wir konnten unsere Qualität im Personal noch weiter erhöhen, indem wir unter anderem Mitarbeiter mit über zwölf Jahren Erfahrung in der Luftfahrt und Raumfahrt, Maschinenbau und Bauingenieurwesen eingestellt haben. Darüber hinaus können wir auf neue Gegebenheiten zum Glück flexibel und schnell reagieren. Es ist ein Vorteil, in dieser Zeit schnelle Entscheidungen treffen zu können.

    Jede Veränderung schafft neue Möglichkeiten. Ich bin davon überzeugt, dass ALTHOM nach der Corona Krise insgesamt noch besser aufgestellt sein wird und für bestehende und neue Kunden einen großen Mehrwert liefern wird."

  • Mit welchen Maßnahmen haben Sie als Unternehmen Ihr Umfeld konkret unterstützen können?

    "Zum einen haben wir unseren Mitarbeiter natürlich alle Möglichkeiten gegeben damit sie sich wohlfühlen und mit der Situation bestmöglich zurechtzukommen. Dies gilt insbesondere für Mitarbeiter, die zur Risikogruppe gehören, Mitarbeiter die beispielsweise ein Kind erwarten oder andere die noch mehr Verantwortung tragen und Angehörige nebenbei pflegen.

    Privat haben wir als Familie Vereine, Gemeinden, Gastronomen und Caterer aus Hamburg, die uns am Herzen liegen, finanziell unterstützt."

  • Nennen Sie einen Aspekt, der unsere Luftfahrtindustrie durch die Corona-Krise nachhaltig verändern wird.

    "Durch die aktuelle Krise sind alle Unternehmen ein wenig mehr „zwangs“-digitalisiert worden. Das meine ich nicht negativ. Vielmehr mussten zwangsläufig Bedingungen geschaffen werden, damit das Groß der Mitarbeiter digital aus allen Standorten produktiv sein kann. Das ist positiv.

    Die letzten Wochen haben, denke ich, bewiesen, dass die Geschäfte auch ohne Reisen funktionieren können. Geschäftsreisen für einen kurzen Termin beim Kunden oder Partner können teilweise einfach über Videokonferenzen gehalten werden. Das wird die Nachfrage nach Flügen mittelfristig auch „nach“ Corona verringern. Viele Airlines haben bereits oder werden Probleme bekommen und es wird wohl zu einer größeren Konsolidierung in der Branche kommen.

    Auf der anderen Seite können eventuelle Überkapazitäten an Flugzeugen als Frachter genutzt werden, sodass die Umrüstung von P2F (passenger-to-freighter) von der Situation profitieren kann."

Über ALTHOM

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