Wie können Waldbrände schon in ihrer Entstehung entdeckt und frühzeitig eingedämmt werden? Wie sind illegale Fischerei oder Verschmutzungen der Meere effizienter aufzudecken und lebenswichtige Produkte schneller an entlegene Orte zu transportieren? Unbemannte Flugsysteme bieten hier neue Antworten. Damit sie noch flexibler und effizienter überall auf der Welt eingesetzt werden können, entwickelt das REALISE-Konsortium im Luftfahrtcluster Hamburg Aviation derzeit eine mobile und automatisierbare Start- und Landebahn für Unbemannte Flugsysteme.

Mit Unbemannten Flugsystemen oder Unmanned Aerial Vehicles (UAV) verbinden die meisten Menschen vorwiegend Multikopter. Wie Hubschrauber steigen sie vertikal auf und wiegen oftmals nur wenige hundert Gramm. Multikopter sind agil und flexibel, können aber nur wenig Gewicht tragen, ihre Reichweite ist beschränkt, ebenso wie ihre Geschwindigkeit. Unbemannte Flugkörper, die wie ein Flugzeug aufgebaut sind, also starre Flügel haben, können hingegen konfigurationsbedingt deutlich höher, schneller und länger fliegen sowie größere Lasten transportieren. Nachteil: Sie benötigen eine Start- und Landebahn. Dies schränkt ihre Verwendungsmöglichkeiten bisher deutlich ein, im Zweifel müssten für den Einsatz sogar neue Pisten gebaut werden.

Überall einsetzbar und autark

Hamburg Aviation koordiniert das sechs Partner umfassende Konsortium aus mittelständischen Betrieben und Hochschulen (dazu gehören Hanseatic Aviation Solutions, mb+partner, Nordwig Werkzeugbau, die RWTH Aachen University und die TU-Hamburg mit den Instituten für Flugzeugsystemtechnik bzw. Lufttransportsystemen), welches ein mobiles, automatisierbares und schienengestütztes Start- und Landebahnsystem für UAV entwickelt. Der Clou: Zwei Personen können die Schienenkonstruktion je nach Schienenlänge innerhalb von ein bis zwei Stunden aufbauen. Das System ist extrem flexibel und kann nicht nur auf dem Boden, sondern etwa auch auf größeren Hausdächern oder Offshore-Plattformen installiert werden. Die Fluggeräte können auf der neuartigen Startbahn auch bei stärkeren Winden abheben und landen. Und: Sie benötigen kein komplexes Fahrwerk mehr, dies resultiert in einer Widerstands- und Lärmreduktion. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die höhere Automatisierbarkeit des Bodenbetriebs, mit dem perspektivisch ein Multi-UAV-Betrieb möglich ist. Dadurch sinken die Personalbindung sowie die Betriebskosten und Reaktionszeiten bis zum Abheben.

Das System eignet sich bei entsprechender Skalierung praktisch für alle „Starrflügler“, unabhängig von ihrer Größe oder ihres Gewichts. Durch das fehlende Fahrwerk verlieren die UAV an „unproduktivem“ Gewicht, sind weniger wartungsintensiv – und können entsprechend mehr Treibstoff tanken, noch weitere Strecken fliegen oder schwerere Nutzlasten transportieren.

Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten

Die möglichen Einsatzszenarien sind vielfältig. Typische Beispiele sind die Anwendung in sogenannten „Linear-long“ (Pipeline, Bahnstrecken, Küstenschutz, Hochspannungsleitungen etc.) und „Area-large“ (SAR, Monitoring, Ölverklappungdetektion, Emissionsmessung, illegaler Fischfang, Waldbrandfrüherkennung, Vegetationsmanagement u.v.m.)-Bereichen. Wo heute mit viel Aufwand und hohen Kosten bemannte Flugzeuge und Hubschrauber eingesetzt werden, die einen hohen Wartungs- und Personalaufwand erfordern, könnten künftig für einige Anwendungen, die den bemannten Flug nicht erfordern (z.B. sog. dirty, dull & dangerous tasks) unbemannte, automatisierbare Starrflügler zum Zuge kommen – betrieben von einer mobilen REALISE-Start- und Landebahn. Durch die erhebliche Kostensenkung eröffnen sich zudem neue Anwendungen, die bisher noch nicht abgedeckt werden.

Neben dem Projektkonsortium gibt es weitere assoziierte Partner, u.a. Airbus, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie der TÜV. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung kofinanziert. Das Konsortium baut bis Ende 2020 einen Demonstrator auf für den Nachweis, dass die Technologie für verschiedene unbemannte Flugsysteme wie Aufklärungs- und Last-Starrflügler oder langsam hochfliegenden UAVs (sog. HALE– High Altitude Long Endurance) genutzt werden kann. Anschließend planen die Partner das Konzept zur Anwendungsreife weiterzuführen. Konkret verwendet wird die Innovation bereits von Unternehmen wie Hanseatic Aviation Solutions, in einem künftigen Vorhaben kommen große solarelektrisch angetriebene UAV dazu. Auch für den solar-betriebenen „Zephyr“ von Airbus prüft man das System. Die prinzipielle Eignung für eine Vielzahl von UAV wurde in Expertengesprächen und Marktforschungsanalysen (z.B. von DroneII) bestätigt.